Angewandte Extremismustheorie: Sachsen im Kampf um das Goldene Hufeisen
von Kerstin Köditz und Volkmar Wölk
„Auf die Dauer wird die deutsche Gesellschaft eine zerrissene, eine ethnisch zerrissene sein. Konflikte werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit sozialen Konflikten verbinden, auf der politischen Ebene wird erbarmungslos die Kritik an der Zuwanderungspolitik gleichgesetzt mit Rassismus, mit Faschismus – wird also bekämpft. Infolgedessen wird sich unsere Gesellschaft immer weiter polarisieren. Am Schluss werden AfD und Grüne die Hauptgewinner sein, die SPD wird zerfleddert werden, die Union wird erheblich Federn gelassen haben und in zehn Jahren wird man sich fragen – musste das wirklich so kommen? Und die Antwort wird sein: Aufgrund von politischer Uneinsichtigkeit von mangelndem Weitblick, von politischen Fehlern, musste es wohl so kommen.“
So Werner J. Patzelt, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Politikwissenschaft an der TU Dresden, am 14. August 2018 in einem Interview.[1] Ein Beispiel für Extremismustheorie in der Praxis, zugeschnitten auf das angenommene Niveau des Wahlvolkes.
Auf der Suche nach der Mitte
Als Menetekel an die Wand gemalt wird eine umfassende gesellschaftliche Krise, die ihren Ausdruck in einer multikausalen Zerrissenheit findet. Die Zerrissenheit führt zur Polarisierung, die Mitte verliert ihre Rolle als Kraftzentrum, als Stabilitätsgarant und implodiert letztlich. Die vorgeblichen Ränder der Mitte – AfD und Grüne – werden deutlich gestärkt, weil die CDU als traditionelle und personifizierte Mitte, als der Garant der Mitte, es zulässt, dass die AfD „gleichgesetzt mit Rassismus, mit Faschismus“ wird, statt als mittig nunmehr als extremistisch wahrgenommen wird. Die Annäherung der CDU an Positionen der AfD wird auf diese Weise definiert als Politik mit Maß und der Mitte. Nur auf diese Weise können Polarisierung und Zerrissenheit vermieden werden. Gesellschaft ist in dieser Argumentationskette also letztlich Gemeinschaft. Und da es um die „Zuwanderungspolitik“ geht: Volksgemeinschaft.
Der hier als Nutznießerin der Entwicklung dargestellten AfD sind diese Aussagen in Patzelts Gespräch mit einem lokalen Fernsehsender mit bestenfalls eingeschränkter Reichweite so wichtig, dass sie dem 72-seitigen Papier ihres Bundesvorstandes „Strategie 2019 – 2025. Die AfD auf dem Weg zur Volkspartei“ vorangestellt werden. Sie sieht sich als Nutznießer dieser Extremismustheorie in Praxis. Während der Inlandsgeheimdienst zumindest Teile der Partei zumindest als extremistisch beeinflusst sieht, während die Medien tagtäglich voll mit Beispielen dafür sind, dass als extremistisch bezeichnete Positionen in ihr ihren festen Platz haben, sieht die AfD die Möglichkeit, sich durch einen namhaften Extremismusforscher einen Persilschein ausstellen zu lassen. Nur zu gerne folgt die AfD Patzelt in dessen Position, er stärke die Mitte, wenn die AfD gerade nicht ausgegrenzt wird, wenn man sie in den Bereich der Normalität eingemeindet. AfD und Extremismuskonzept erscheinen als „Geschwister im Geiste“.[2]
Noch mehr Mitte: Die „Freien Wähler Sachsen“
Geschäftsführer des interviewenden Medienunternehmens FRM ist Ronny Börner aus Dippoldiswalde im Dresdener Umland, politisch aktiv für die Freien Wähler. So als Kandidat bei den Kreistagswahlen im Mai 2019, damals auf einer Liste gemeinsam mit DJ Happy Vibes (eigentlich Andreas Hofmann), bekannt von Radio und – vor allem – Pegida. Hofmann fungiert als Kreisvorsitzender Sächsische Schweiz-Osterzgebirge der Freien Wähler und neuerdings als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes.[3]
Einer seiner Stellvertreter im Kreisvorstand ist Michael Beleites, der von 2000 bis 2010 Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen und zeitweise auch Kuratoriumsmitglied des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung war, allerdings in den letzten Jahren vor allem durch seine offene Nähe zur extremen Rechten von sich reden machte. Das Spektrum reicht vom Interview in der einschlägigen Zeitschrift „Umwelt & Aktiv“[4] über die Referententätigkeit bei der Sommerakademie des Instituts für Staatspolitik in Schnellroda im September 2016 bis zur Autorenschaft in der neurechten Zeitschrift „Tumult“[5]
Somit scheint der Blick in einen Kreisverband der Freien Wähler, die letztlich bei der Landtagswahl 2019 mit 3,6 Prozent der Stimmen scheiterten, das Medien-Urteil zu bestätigen: „Freie Wähler in Sachsen – Zwischen Neuer Rechter und Wutbürgern“.[6] Für Beleites und sein Umfeld sind solche Einschätzungen nur ein Beleg dafür, dass von einer „gleichgeschalteten – oder sich so gebenden – Presse als Nazi diffamiert“ werde, wer abweichende Meinungen äußert. Er findet „erstaunlich viele Parallelen“ zwischen den Märschen von Pegida und der Endphase der DDR. „Es haben sich Probleme angestaut, deren ganze Dimension mit den Sprachregelungen des herrschenden politischen Systems nicht ausgesprochen werden kann.“, so sein Urteil.[7]
Patzelt und die ideelle Gesamtmitte
Patzelt selbst gehört zwar seit 1994 der CDU an, doch die Freien Wähler stehen ihm durchaus nicht fern, sind für ihn ganz selbstverständlich Teil der – stets unverdächtigen – politischen Mitte. Der Ausgangspunkt für Patzelt Analyse ist nämlich die Diagnose, es vollziehe sich ein rascher Umbruch des Parteiensystems, der im schlimmsten Falle das System destabilisierende Auswirkungen haben könne. Folglich gilt es jene Kräfte zu stärken, die zwar Teil dieses Umbruchs sind, von denen nach seiner Einschätzung jedoch keine Gefahr für das System an sich droht. Frauke Petrys Versuch, aus ihrer „Blauen Partei“ eine Art bundesweite CSU zu machen, sei „vom Anliegen her… vernünftig“. Und nur halb im Scherz führt er im Interview mit der „Freien Presse“ an: „Mir hätte ein Bündnis aus Sahra Wagenknecht, Frauke Petry und Antje Hermenau durchaus gefallen. Querfront muss bei einem Umbruch des Parteiensystems nichts Schlimmes sein.“[8] Es wäre eine Querfront des Scheiterns geworden: Petrys „Blaue Partei“ ist aufgelöst. Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“ hat dürftige Resonanz und Antje Hermenau hat sich wieder ins Privatleben als Politikberaterin zurückgezogen.[9]
Fast folgerichtig erschien Patzelts jüngstes Buch, „CDU, AfD und die politische Torheit“, im Weltbuch-Verlag von Dirk Kohl in Dresden. Dieser hat zwar laut Website des CDU-Wirtschaftsrates dort den Vorsitz der Landesfachkommission „Internationale Beziehungen“ inne, trat jedoch bei besagter Kommunalwahl 2019 in Dresden ebenfalls für die Freien Wähler an. Ebenso wie die der Neuen Rechten nahestehende Buchhändlerin Susanne Dagen, in deren „Buchhaus Loschwitz“ der Band Patzelts der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Als „ein Kandidatenangebot der bürgerlichen Mitte“ charakterisierte Steffen Große, Landesvorsitzender der Freien Wähler, die Stadtratsliste. Differenzierter und durchaus treffend dagegen die Aufzählung in der Presse: „Ein Ex-IM, ein PEGIDA-Mitbegründer, Ex-Genossen und Rechtsintellektuelle“.[10]
Bei dem Ex-IM handelt es sich um den Rechtsanwalt Frank Hannig, in dessen Kanzlei auch die Gründung von Pegida stattfand. Der Pegida-Mitbegründer ist René Jahn, der nach seinem Zerwürfnis mit Lutz Bachmann vor allem durch „Kunstaktionen“ wie die Installation eines „Trojanischen Pferdes“ vor dem Kulturpalast in Dresden von sich reden macht. Mit den „Ex-Genossen“ ist eine Gruppe um Barbara Lässig gemeint, die wie etliche andere Exponenten des früheren Flügels um Christine Ostrowski und Ronald Weckesser in der alten PDS inzwischen offen rechts agiert.[11] Der offene Bruch vollzog sich erst vor wenigen Jahren, als dieser Teil der inzwischen zur LINKEN gewordenen PDS-Fraktion im Stadtrat für die Privatisierung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft stimmte. Lässig hat zwar für die Freien Wähler kandidiert, arbeitet aber inzwischen für die AfD-Fraktion im Stadtrat. Patzelt würde vielleicht von einer Querfront der Extremisten sprechen, wenn ihm die Partei nicht sympathisch wäre. Wird die Konvergenz gegensätzlicher Extreme irgendwann zur Mitte?
Szenen einer Nähe
Es sind Szenen einer Nähe, einer Nähe zu politischen Strukturen und Bewegungen rechts von der Union, die in dem eingangs zitierten und von der AfD aufgegriffenen Interview mit Patzelt zum Ausdruck kommen. Es sind solche Liebäugeleien mit dem rechten Rand des politischen Spektrums – eines Randes, der in Sachsen inzwischen ausgesprochen breit ist – , die dazu geführt haben, dass Patzelts Name in den letzten Jahren häufig mit dem Zusatz „umstritten“ versehen wird. Bei seiner Klientel ist er dies keineswegs. „Tatsächlich hat sich inzwischen gezeigt, dass nicht die ehedem umstrittenen Einschätzungen und Politikempfehlungen des Verfassers zum Umgang mit PEGIDA und der AfD fehlerhaft waren, sondern vielmehr die dagegen vorgebrachten Einwände.“, so der Klappentext des Bandes über „CDU, AfD und die politische Torheit“.
Es sind solche Verbindungen, die ihm den Ruf eines „Pegida-Verstehers“ eingebracht haben. Patzelt ist darob gekränkt, fühlt sich missverstanden, ungerecht behandelt. „Ursache war, dass meine Erklärungen zum Dresdner ‚Vulkanausbruch‘ des deutschen Rechtspopulismus dem seinerzeit dominierenden Deutungsschema klar widersprachen, ich mich also nicht in die Akademiker-Einheitsfront der Anti-PEGIDA-Demonstranten eingliederte. Dass ich anschließend auch noch dafür eintrat, die AfD wie jede andere politische Partei zu behandeln, schien diesen Leuten ihre Einschätzung zu bestätigen.“[12] Dass er sich in die angebliche Einheitsfront nicht eingereiht hatte, habe dann auch dazu geführt, dass ihm die begehrte Seniorprofessur verweigert wurde.[13]
Vielleicht würde er sich sogar geschmeichelt fühlen, wenn man ihn als „Uwe Steimle der Politikwissenschaft“ charakterisierte. Immerhin hatte der örtliche RCDS eine Massenpetition gestartet, damit er den Titel doch noch führen dürfte und an die damit verbundenen erhofften Mittel kommen könnte.[14] Nicht mehr als 2.148 Unterstützende fand der Aufruf für den „wohl bekannteste(n) Wissenschaftler der TU Dresden“, in dem die Entscheidung als „in mehrfacher Hinsicht unverständlich“ kritisiert wurde. Neben CDU-Prominenz wie dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, dem aus der DDR-Opposition kommenden Arnold Vaatz, fanden sich unter den Erstunterzeichnenden allerdings nur sehr wenige Akademiker, die ebenfalls aus der „Einheitsfront“ ausscheren mochten. Für den Kabarettisten Uwe Steimle, dessen Vertrag wegen seiner notorischen rechten Ausfälle vom mdr nicht verlängert wurde, unterzeichneten bisher mehr als 46.000 Menschen.
„Erosion der Abgrenzung“?
Es sind Szenen einer Nähe, die am Fall Patzelt sichtbar werden. Ein Musterbeispiel für das, was sein Professorenkollege Wolfgang Rudzio, allerdings gegen die politische Linke gerichtet, als „Erosion der Abgrenzung“[15] charakterisiert hat. Rudzio befürchtete vor gut 30 Jahren, die Entwicklung der Friedensbewegung der achtziger Jahre auswertend, dass „die Scheidelinie zwischen Demokraten und Antidemokraten bei der Linken nicht mehr als ausschlaggebend empfunden“ werde, der „die Bundesrepublik bisher tragende antitotalitäre Konsens“ faktisch aufgekündigt werde. Rudzio machte damals, wegen der von ihm angeprangerten punktuellen Zusammenarbeit zwischen SPD und kommunistischen Kräften, eine Verschiebung des politischen Koordinatensystems aus. Die Mitte sei nach links verrückt worden.
Dieses Urteil übernimmt Patzelt für die Gegenwart. „Der Diskurs in politischer Klasse und Mediensystem hat sich nach links verschoben.“, erklärt er im Interview.[16] Wenn also das politische Koordinatensystem wieder zurechtgerückt würde, dann wären politische Phänomene wie Pegida, die Freien Wähler oder auch die AfD nicht mehr rechts(außen), sondern integraler Bestandteil einer breiten Mitte.
Bedeutungslos ist Patzelt trotz dieser unübersehbaren Nähe keineswegs. Kein Journalistenblock, in den er nicht seine Meinung diktiert, kein Mikrofon, in das er nicht apodiktisch seine Meinung als wissenschaftliche Erkenntnis verkündet, keine Kamera, vor der er nicht sein Expertenwissen verlautbart. Im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung mag man natürlich seit langen Jahren nicht auf ihn verzichten. Gleiches gilt für den Sächsischen Kultursenat. „Sachsen ist zum innerdeutschen Verachtungsland geworden. Viele glauben zu wissen: Der weiß-grüne Freistaat ist Pegida-Gau, Hochburg von Rechtsradikalismus und Rassismus, Inbegriff von Dunkeldeutschland.“, schreibt er mit deutlicher Missbilligung. „Auch erkenne man schon an ihrer hässlichen Sprache eine gewisse Beschränktheit der Sachsen – und außerdem daran, dass sie trotz Befreiung von ostdeutscher Parteidiktatur weiterhin mit großer Mehrheit die CDU wählten.“[17]
Letzteres ist der Schnee von gestern. Der Vorsprung der CDU, die in Sachsen einstmals mit satten absoluten Mehrheiten regierte, auf die AfD ist gehörig eingeschmolzen. Doch, so Patzelt, sei dies alles ohnehin lediglich ein bösartiges Zerrbild, denn: „Seit der Wiedervereinigung ist Sachsen jedenfalls auf stabilem Erfolgskurs.“ Zwar gäbe es „auch etliche Fehler zu korrigieren“, so „bei der Personalpolitik im Bereich von Schulen und Polizei“, doch wichtiger sei schließlich der „unbändige Stolz auf das eigene Land und dessen reiches Kulturerbe“, der ausgeglichene Staatshaushalt und der „Spitzenplatz bei innerdeutschen Bildungsvergleichen“, die „schmucken Städte“ und die „gute Infrastruktur“.[18] Ist es nur Zufall, dass Schule und Polizei in einem Atemzug genannt werden? Kein Zufall ist es auf jeden Fall, dass Negativfaktoren wie die Rolle Sachsens als Niedriglohnland oder der extrem niedrige Grad der Tarifbindung in der Auflistung fehlen. Kein Zufall auch, dass die gravierenden Probleme der Infrastruktur im ländlichen Raum ausgespart bleiben.
Neue Mitte? Die „WerteUnion“
Solche Objektivität wäre auch ein Negativmerkmal für jemanden, der als Gegengewicht zu dem eher liberalen sächsischen CDU-Generalsekretär Alexander Dierks auserkoren wurde, das Programm der CDU für die Landtagswahl 2019 zu schreiben. Patzelt gehört der kleinen, aber lautstarken und bedeutsamer werdenden innerparteilichen Gruppierung „WerteUnion“ an. Bedeutsamer und einflussreicher besonders in Sachsen.
Mit großer Mehrheit nahm der Landesparteitag der CDU im Dezember 2017 einen Initiativantrag der „WerteUnion“ an, der von der gesamten Parteiprominenz unterstützt wurde und in dem gefordert wurde, dass der Familiennachzug für subsidiär Geschützte über März 2018 hinaus ausgesetzt bleibt, dass „die nordafrikanischen und weitere Länder mit geringer Anerkennungsquote zu sicheren Herkunftsländern erklärt und dass die Verfahren für alle neu ankommenden Asyl- und Schutzsuchenden bis zu ihrem Abschluss künftig in zentralen Entscheidungs- und Rückführungszentren durchgeführt werden“.
Passend wurde mit der Referatsleiterin im Sozialministerium Yvonne Olivier erstmals ein Mitglied der WerteUnion in den Landesvorstand gewählt. Und auch hier Szenen einer Nähe: In ihrer Jugend in Niedersachsen war Olivier Ordentliches Mitglied des neurechten, rassistischen „Thule-Seminars“.[19] Zwei Jahre später, im November 2019, scheiterte sie bei ihrer erneuten Kandidatur für den Landesvorstand ebenso wie Sven Eppinger, stellvertretender Landesvorsitzender der WerteUnion. Die fraktionelle Vereinigung war inzwischen zum Störfaktor für die angestrebte Koalition mit den Bündnisgrünen geworden.[20]
Das Hufeisen: Der Beginn einer Karriere
Patzelt hat es, wie zahlreiche andere seiner Professorenkollegen in Sachsen, besonders in den Geisteswissenschaften, zu Beginn der neunziger Jahre in den Freistaat verschlagen. 1984 promovierte er in Passau bei Heinrich Oberreuter, war danach sechs Jahre wissenschaftlicher Assistent und habilitierte sich 1990. 1992 wurde zum Gründungsprofessor des Instituts für Politikwissenschaft an der TU Dresden berufen und besetzte dort den Lehrstuhl für Politische Systeme und Systemvergleich. 1994 folgte sein Beitritt zur CDU.
Und fast folgerichtig wurde er auch Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des in Dresden ansässigen Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, dessen Geschichte von Skandalen und Auseinandersetzungen durchzogen ist. Mitglied des Kuratoriums und 2002/03 auch Direktor dieses Instituts war niemand anderes als Patzelts Doktorvater Heinrich Oberreuter, Mitglied der CSU, der bereits 1991 vom sächsischen CDU-Wissenschaftsminister als Gründungsdekan für Geistes- und Sozialwissenschaften an die TU Dresden geholt worden war.
Der damalige Wissenschaftsminister war der heutige Parlamentspräsident Matthias Rößler, Wortführer der Rechtsausleger der Landes-CDU und einer der Initiatoren der Gründung des Hannah-Arendt-Instituts. Als „Patriotismus-Beauftragter“ der sächsischen CDU war er maßgeblich beteiligt an einen auf dem Landesparteitag in Schwarzenberg im November 2005 verabschiedeten Papier „Deutscher Patriotismus im vereinigten Europa“, in dessen Thesen er „die durch die ‚Kulturrevolte von 1968 verursachte Zerrüttung unserer Gesellschaft‘ geißelte und ‚die herrschende Deutungsdominanz der ‚Achtundsechziger‘ in Medien, Wissenschaft und Schule und die damit verbundene Diskreditierung wertorientierter patriotischer Positionen zu überwinden‘ forderte.“[21]
Das Papier fand damals verhaltene Kritik durch liberalere Kreise der Landes-CDU und heute deutliche aus der Wissenschaft. „Die dort formulierten ‚12 Thesen‘ vereinigen alles, was Wertkonservatismus aufzubringen hat und was in ähnlicher Form auch Pegida verkündet.“[22] Damals wurde es von der CDU auch als Mittel zur Bekämpfung des Nationalismus der NPD angesehen, die ein Jahr zuvor in Fraktionsstärke in den Sächsischen Landtag eingezogen war. Den Nationalismus durch „Patriotismus“ kontern, den Teufel durch Beelzebub bekämpfen. Heute ist es inhaltlich kaum zu unterscheiden von den Tiraden aus AfD-Kreisen gegen die „rot-grün-versifften Alt-Achtundsechziger“ (Jörg Meuthen).
Das Hufeisen als Abwehr gegen die „Kulturrevolte von 1968“
Wie hätte man besser gewährleisten können, dass die 68er-Spätfolgen, die man im Westen nach dem Marsch in die Institutionen der 68er überall zu erblicken meinte, als durch die Besetzung in den Schlüsselstellen von Verwaltung, Medien, Sicherheitsapparat und nicht zuletzt in den Hochschulen durch die Berufung von Personal, dass absolute Gewähr dafür bot, nicht durch die „Kulturrevolte von 1968“ infiziert zu sein. Und natürlich durch die Etablierung von Einrichtungen wie dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, von denen man erwartete, dass sie aus wissenschaftlichen Ansätzen wie der Totalitarismus- und der Extremismustheorie, die damals deutlich an Bedeutung und Einfluss verloren hatten, wenigstens im Osten eine Staatsdoktrin machten.
Geeignetes und williges Personal dafür war im Westen reichlich vorhanden. Die konservative Politik suchte und fand konservative Wissenschaftler, denen sie Einfluss und Mittel bot, wenn sie das taten, was sie ohnehin tun wollten. Handelte es sich nicht um die Landeshauptstadt Dresden im Nahen Osten, sondern um eine bekannte rheinische Metropole, dann würde man wohl vom „Kölschen Klüngel“ sprechen.
…, der werfe das erste Hufeisen
Doch wir reden über Sachsen, nicht über NRW. Wir reden über ein Bundesland, das nach der „Befreiung von ostdeutscher Parteidiktatur“ zunächst dringend demokratisiert werden musste. Und wer könnte das besser als christliche Demokraten mit einem entsprechenden Parteibuch. Mit Professor Kurt Biedenkopf war der geeignete Mann gefunden, der dies mit einer absoluten Mehrheit für seine CDU im Rücken umsetzen konnte. Unter ihm wurde 1991 Peter Gutjahr-Löser, ehedem Direktor der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung der CSU und ebenso ehemals Geschäftsführer des rechtskonservativen Bundes Freiheit der Wissenschaft, der als Gegengewicht gegen den Geist der Achtundsechziger gegründet worden war, Kanzler der Universität Leipzig, die inzwischen nicht mehr nach Karl Marx benannt war.[23] Er blieb dies bis 2005.
Der „Systemnähe“ zum untergegangenen Staat waren solche Persönlichkeiten wahrlich unverdächtig. Gutjahr-Löser also war maßgeblich verantwortlich für den Weg dieser Universität „von der SED-Kaderschmiede zu einer der Demokratie verpflichteten Hochschule“, die die SED „zu ihrer Kaderschmiede erklärt und mit Brachialgewalt dafür gesorgt (hatte), dass sie sich uneingeschränkt in den Dienst der Partei stellte“,[24] stets berücksichtigend, dass Bürger die „verordnete Ideologie so verinnerlicht haben, dass sie für einen unbefangenen Umgang mit den Wahrheiten des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens verdorben sind“. Sein Fazit: „Die geistige Auseinandersetzung über die überwundene Ideologie bleibt die schwerste Aufgabe.“[25] In diesem Verständnis wird die Wissenschaft zu „Schild und Schwert der Partei“.
Diese „geistige Auseinandersetzung“, eigentlich: die massenhafte und systematische Entlassung von als „systemnah“ gebrandmarkten Hochschullehrern, hatte zwar seinen Schwerpunkt im Bereich der Geisteswissenschaften, beschränkte sich allerdings nicht auf sie. So wurde unter der Ägide Gutjahr-Lösers der Medizinrechtler Bernd-Rüdiger Kern an die Universität Leipzig berufen. Bekannt – und kaum skandalisiert – sein Engagement für die Deutsche Soziale Union, die rechtere Variante der CDU, als Oberbürgermeister- und Landtagskandidat. Gar nicht erst erwähnt wurde seine Vergangenheit als stellvertretender Bundesvorsitzender des Nationaldemokratischen Hochschulbundes der NPD zu Beginn der siebziger Jahre.[26] Wie sein nunmehriger Kanzler an der Universität hatte er Rechtswissenschaften an der Uni Bonn studiert. Im Gegensatz zu früheren Mitgliedern der SED galt er als demokratisch geläutert.
Das Hufeisen als Herrschaftsinstrument
Politikwissenschaft ist Herrschaftswissenschaft. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wusste dies. Das hatte er nicht zuletzt als Rektor der Ruhr-Universität Bochum in den Jahren der Studierendenproteste 1967 – 1969 gelernt. In seinem Denken ist Demokratie nicht zuallererst Mittel der Bürger*innen zur Gestaltung der Gesellschaft, sondern es handelt sich um eine Verfasstheit des Staates, den es gegen die Feinde von innen und von außen zu verteidigen gilt. Nicht der Mensch als Bürger*in steht im Mittelpunkt, sondern der Staat als höchste Institution.
Als am 8. Dezember 1992 die Präsidentin des gerade gegründeten Landesamtes für Verfassungsschutz, Mathilde Koller, ihren Antrittsbesuch bei ihm macht, notiert er anschließend in sein Tagebuch. „Eine gutaussehende Frau, in Saarbrücken geboren, eher jünger als die 68er-Generation. Wir sprachen über das, was sie zu schützen hat: den Staat und die Nation, die verfassungsgemäße Ordnung. Ganz schnell waren wir bei den Schwierigkeiten, die wir in Westdeutschland mit der Akzeptanz der Verfassung haben. Aus ihnen leitet sich auch ein Teil der Probleme ab, die die Behörde mit ihrem eigenen Selbstverständnis hatte und hat.“[27] Nicht Grund- und Bürger*innenrechte gilt es für Biedenkopf zu schützen, sondern „den Staat und die Nation“. Es handelt sich um konservatives Ordnungsdenken par excellence.
Wenn dies die Prämisse ist, dann ist die Entfernung bisheriger Eliten im Hochschulbereich nur ein Teil der Arbeit. Soll diese nachhaltig sein, dann muss über den Elitenaustausch dafür gesorgt werden, dass der wissenschaftliche Nachwuchs im gewünschten Sinne geformt wird.
Von Platon bis zu Eckhard Jesse
Und also wird – wieder einmal – zur Rettung der Demokratie Rückgriff genommen auf die „Politeia“ des Demokratieverächters Platon, dessen Staatsideal es erfordert, dass die Weisen die Herrschenden sein sollen. Und weise ist jener Staatsmann, der die Mitte zwischen den Extremen, das richtige Maß zu finden weiß, der die Einzelteile ausgewogen zu gestalten vermag, damit das Ganze sich harmonisch fügt. Der Konservative Biedenkopf wird die der Liberalismuskritik die Basis liefernde Vorstellung Platons teilen, wonach die Grundfehler der Demokratie in einem Übermaß an individueller Freiheit zu Lasten des Gemeinwesens zu suchen seien, die politische Teilhabe unvernünftiger, eigennütziger Personen ein Übel sei.
Seine Staatstheorie verrät deutlich Züge eines bevormundenden Geistes, der das Individuum zu einem Glück zwingen will, dessen Sinn ihm verborgen ist und wohl auch verborgen bleiben wird.[28] Letztlich handelt es sich um den ideologischen Grundansatz, der am Anfang dessen steht, was heute als „illiberale Demokratie“ charakterisiert wird.
Entscheidend in diesem Sinne ist also die Politikwissenschaft als Herrschaftswissenschaft, einschließlich der hier als Hilfswissenschaften verstandenen Fachrichtungen wie Soziologie, Geschichte, Kommunikation oder auch Juristerei; entscheidend sind hierbei die Ordinarien, da sie die folgende Wissenschaftlergeneration prägen und formen. Hier ist der Grund zu suchen, weshalb die im Westen eigentlich schon längst abgehalfterte Extremismusdoktrin ausgerechnet in Sachsen zu neuer Blüte gelangte.
Wie kein anderer steht dafür der emeritierte Chemnitzer Professor Eckhard Jesse, der 1993 berufen wurde und bis 2014 Lehrstuhlinhaber war. 1990 hatte er sich zum Thema „Streitbare Demokratie in der Bundesrepublik. Das Beispiel des Extremistenbeschlusses von 1972“ habilitiert und war danach Privatdozent an der Universität Trier gewesen. Wie kein anderer steht er für den Kurs der Sächsischen Staatsregierung aus der wissenschaftlich umstrittenen Extremismustheorie[29] eine Staatsdoktrin zu machen, den antifaschistischen Grundkonsens des Grundgesetzes in einen antitotalitären Grundkonsens umzudeuten.
Das Hufeisen als Karrierevoraussetzung
Wer die Politikwissenschaft an der TU Chemnitz bei Eckhard Jesse, von Spöttern als „Parteihochschule“ charakterisiert, durchlaufen hat, wer seine ersten wissenschaftlichen Meriten beim Jesse eng verbundenen Hannah-Arendt-Institut erworben hat, wer an den Kolloquien des von ihm gegründeten „Veldensteiner Kreises zur Erforschung von Extremismus und Demokratie“ teilgenommen hat, wer in von ihm (mit-)herausgegebenen Sammelbänden oder Buchreihen wie dem „Jahrbuch Extremismus & Demokratie“ (31 Bände seit 1989) publiziert hat, dem stehen – zumindest in Sachsen – alle Türen offen.
Beim erwähnten Jahrbuch ist inzwischen Jesses Schüler Tom Thieme zum Mitherausgeber avanciert. Das Thema seiner Dissertation: „Hammer, Sichel, Hakenkreuz: Parteipolitischer Extremismus in Osteuropa: Entstehungsbedingungen und Erscheinungsformen“ (Baden-Baden 2008). Die Grundthese der Arbeit ist simpel. Die Mehrzahl der untersuchten Parteien verbinde „ihre auf den ersten Blick klassischen rechts- bzw. linksextremistischen Ziele mit Ideologien und Forderungen des gegensätzlichen extremen Lagers“. Es erfolgt eine Konvergenz des „Linksextremismus“ und des „Rechtsextremismus“ zum ideellen Gesamtextremismus.
Das Hufeisen kreist und beginnt zu fliegen. Übertroffen wird dies nur noch durch seine Konstruktion einer neuen Kategorie, des „Semi-Extremismus“, der wie der Populismus „zur Problematik extremistischer Grauzonen“ gehöre.[30] Es fällt schwer, dies nicht einfach als wissenschaftlicher Unfug abzutun. In Sachsen qualifiziert es zur Professur für Gesellschaftspolitische Bildung an der Hochschule der Sächsischen Polizei. Und so lehrt Thieme als praktizierender Extremismustheoretiker dort seit 2017 platonische Wissenschaft, mit Maß und mit Mitte, das Hufeisen immer im Blick.
(Es handelt sich um eine stark erweiterte Fassung des gleichnamigen Artikels, der in dem im Februar 2020 erschienenen BdWi-Studienheft 12: Wissenschaft von rechts II. Rechter Kulturkampf in Hochschule und Bildung. Hrsg. von BdWi / fzs / GEW / ÖH, 68 Seiten A4, ISBN: 978-3-939864-27-1, Preis: 8,00 EUR veröffentlicht worden ist. Bezug: https://www.bdwi.de/verlag/bestellen/index.html)
Fußnoten
[1] https:/lwww.youtube.com/watch?v=49dqlj c28 w()
[2] Fuhrmann, Maximilian: Die AfD und das Extremismuskonzept. Geschwister im Geiste; in: Barbara Dunkel/Christoph Gollasch/Kai Padberg (Hrsg.): Nicht zu fassen. Das Extremismuskonzept und neue rechte Konstellationen; Berlin 2019, S.125 – 140
[3] Dafür ist der Bürgermeister von Markranstädt, Jens Spiske, ehemaliger Bundeswehroffizier und Vertreter des liberalen Flügels der Freien Wähler, als Stellvertreter ausgeschieden. Er hatte sich mit der örtlichen Basis der Freien Wähler wegen deren Zusammenarbeit mit der AfD überworfen (https://www.lvz.de/Region/Markranstaedt/Freie-Waehler-Markranstaedt-kooperieren-mit-AfD; 24.09.2019)
[4] 4/2011, S.28ff.
[5] Michael Beleites, Wir haben gelernt. Sachsen 2030 – Ein Zukunftsmanifest; in: Tumult“, Frühjahr 2014, S.90ff. Es handelt sich um den Abdruck eines Vortrags, der im Januar 2013 bei einer Veranstaltung der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung gehalten wurde.
[6] https://www.endstation-rechts.de/news/freie-waehler-in-sachsen-zwischen-neuer-rechter-und-wutbuergern.html
[7] Zit. n. „Spiegel“ 2/2018, S.51
[8] https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/patzelt-jetzt-wird-reden-nicht-mehr-helfen-artikel10312515; 15.09.18
[9] Die ehemalige Bundes- und Landtagsabgeordnete der Grünen war im Januar 2015 aus der Partei ausgetreten, da ihr Kurs für ein schwarz-grünes Bündnis damals innerparteilich keine Mehrheit fand. 2019 wurde sie Generalsekretärin des Landesverbandes der Freien Wähler und organisierte deren Wahlkampf.
[10] https://www.tag24.de/nachrichten/dresden-freie-waehler-stadtrat-wahl-bewerber-jens-genschmar-rene-jahn-barbara-laessig-939016
[11] Ostrowski, langjährige Bundes- und Landtagsabgeordnete ihrer Partei und Oberbürgermeisterkandidatin in Dresden sowie stellvertretende Bundesvorsitzende, verursachte bereits 1993 innerparteiliche Auseinandersetzungen durch ein mehrstündiges Gespräch mit einem hochrangigen Neonazi-Kader. Danach stellte sie erhebliche Gemeinsamkeiten in der Sozialpolitik fest. 2016 bekannte sie öffentlich, nunmehr AfD zu wählen. 2019 machte sie Wahlkampf für diese Partei. Rechtsanwalt Jens Lorek ist nicht nur ihr früherer persönlicher Mitarbeiter, sondern auch ehemaliger Landesschatzmeister der der sächsischen PDS und war deren stellvertretender Stadtvorsitzender in Dresden. Nach Stationen bei der Partei „Pro-D-Mark“ und der Schill-Partei ab Mitte der neunziger Jahre folgte sein Engagement bei und für Pegida.
[12] Werner J. Patzelt: CDU, AfD und die politische Torheit; Dresden 2019, S.222f.
[13] Der Begriff der „Einheitsfront“ soll offenkundig Assoziationen an die gleichnamige kommunistische Strategie wie auch an die „Nationale Front“ der DDR wecken. Ein semantisches Vorgehen, das auch bei der AfD beliebt ist, um die angebliche Wesensgemeinschaft der gegen sie Front machenden „Altparteien“ anzuprangern. Vgl. die Pressemitteilung „Sachsens Nationale Einheitsfront verteidigt Vollverschleierung“ v. 01.09.17, in der es heißt: „Die AfD in Sachsen wirft den Abgeordneten der Partei „CDUSPDGRÜNELINKE“ vor, mit ihrem Abstimmungsverhalten gestern im sächsischen Landtag die Islamisierung Sachsens voranzutreiben.“ Das Bild von den Extremen, die sich gegen die Mitte wenden, wandelt sich hier zu einem Innen-Außen-Schema, wobei ein Teil der Extreme (Die LINKE) zum Teil des Systems wird.
[14] https://www.openpetition.de/petition/online/patzeltbleibt-seniorprofessur-fuer-werner-j-patzelt
[15] Wolfgang Rudzio: Die Erosion der Abgrenzung: Zum Verhältnis zwischen der demokratischen Linken und Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland; Opladen 1988
[16] Zit. n. TAZ v. 12.01.2015
[17] Werner Patzelt: Politische Kultur in Sachsen und ihre Prägefaktoren; in: Nach dem Sturm. Politische Kultur in Sachsen. Sechster Kulturbericht des Sächsischen Kultursenats; Dresden 2017, S.27 – 35, hier S.27
[18] Ebd.
[19] „Ordentliches Mitglied“ konnte nur werden, wer „auf relevante Militanz für das Thule-Seminar verweisen“ kann. Zit. n. AK Neue Rechte: Thule-Seminar – Spinne im Netz der Neuen Rechten; Kassel 1990, S.29. Dort (S.30) auch das Faksimile des Ausweises von Olivier als „Ordentliches Mitglied“.
[20] „Freie Presse“ v. 17.11.19. Als Oliviers Vergangenheit in Organisationen der extremen Rechten 2008 in Sachsen erstmals öffentlich thematisiert wurde, war ihr der heutige Ministerpräsident Kretschmer, damals noch CDU-Generalsekretär, vehement zur Seite gesprungen: „Er könne im Falle Olivier beim besten Willen weder wissen noch bewerten, was für Aktivitäten die Parteifreundin ‚irgendwann vor 20 Jahren‘ einmal getrieben habe. Das sei erstens ‚sehr, sehr lange her‘ und habe zweitens auch nicht zu aktenkundigen Straftaten geführt. Sein Bild speise sich vielmehr aus der ‚sehr ordentlichen Arbeit‘ und der ‚sehr anständigen Art‘ Oliviers, die er seit fünf Jahren kenne.“ (https://www.stern.de/politik/deutschland/wirbel-in-sachsen-rechte-vergangenheit—kein-problem-3851026.html)
[21] Stefan Locke: „Sachsen soll wieder stolz sein“, FAZ v. 19.05.2016 (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/sachsen-will-wieder-stolz-auf-sich-sein-14240152.html)
[22] Maria Steinhaus, Tino Heim, Anja Weber: „So geht sächsisch!“ Pegida und die Paradoxien der sächsischen Demokratie; in: Tino Heim (Hrsg.), Pegida als Spiegel und Projektionsfläche. Wechselwirkungen und Abgrenzungen zwischen Pegida, Politik, Medien, Zivilgesellschaft und Sozialwissenschaften; Wiesbaden 2017, S.143 – 196, hier: S.173
[23] Gutjahr-Löser wurde im Januar 1972 als Geschäftsführer des Bundes Freiheit der Wissenschaft auf Empfehlung von Otto B. Roegele, Herausgeber des konservativen „Rheinischen Merkur“, eingestellt. Er „hatte während seines Jurastudiums in der Hochphase der Studentenbewegung als ASTA-Hochschulreferent an der Universität Bonn als ‚bürgerlicher‘ Widerpart zur Bonner SDS-Gruppe um Hannes Heer gewirkt. Später war er beim Kulturpolitischen Büro der CDU/CSU und bei der CSU-Landesleitung tätig gewesen.“ (Nikolai Wehrs: Protest der Professoren. Der „Bund Freiheit der Wissenschaft“ in den 1970er Jahren; Göttingen 2014, S.221)
[24] Peter Gutjahr-Löser: Hochschulpolitik in den neuen Bundesländern am Beispiel der Universität Leipzig; Hans Filbinger/Heinz Karst (Hrsg.): Identität und Zukunft der Deutschen. Klaus Hornung zum 65. Geburtstag; Frankfurt/Main u.a. 1992, S.97 – 114, hier S.97
[25] Ebd., S.112f.
[26] „Deutscher Studenten-Anzeiger“ Nr.48 (1970), S.8
[27] Kurt Biedenkopf: Ringen um die innere Einheit. Aus meinem Tagebuch August 1992 bis September 1994; München 2015, S.95f.
[28] Andreas Graeser: Die Philosophie der Antike 2. Sophistik und Sokratik, Plato und Aristoteles; München 1993, S.198
[29] Zur Kritik siehe v.a. Maximilian Fuhrmann: Antiextremismus und wehrhafte Demokratie. Kritik am politischen Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland; Baden-Baden 2019 sowie Katharina Rhein/Tom David Uhlig (Hrsg.): Extrem unbrauchbar; Berlin 2019
[30] Tom Thieme: Populismus, Radikalismus, Semi-Extremismus – Zur Problematik extremistischer Grauzonen; in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie Bd.30 (2018), S.13 – 29